Baskenland: Frauengeschichten – Frauengesichter

Gerd Schumann/Florence Hervé, Dietz-Verlag Berlin 2000

Klischees von Euskal Herria (Baskenland) kursieren seit hundert Jahren und länger – nicht erst, seit es die ETA gibt. Dass die baskische Schicksalsstadt Guernica im Land mit Respekt, aber ohne Kirche „heilig“ genannt wird, weiß kaum jemand. Das widerständige Völkchen jenseits (Hegoalde) der Pyrenäen und diesseits (Iparralde), auf spanischer und französischer Seite, umgibt Geheimnisvolles. Bis heute blieben, wie schon zu Humboldts und später zu Tucholskys Reisezeiten, Herkunft von Mensch und Sprache unklar. Doch selbst bei dem, was Land und Leute angeht und was also erfahrbar wäre, prägen das europäische Verständnis vom Baskenland Schlagworte, denen die Unfähigkeit folgt, Geheimnissen auf die Spur zu kommen.

Euskal Herria ist reich an Kultur und Tradition, landschaftlich unendlich schön, weil kratzbürstig, und – entgegen allen Vorurteilen – weltoffen; dazu gehört Selbstbewusstsein, gespeist aus der Geschichte mit der Konquistadorin und Königin, Göttinnen und der Leidenschaftlichen vor Madrid; gespeist auch aus mündlich jahrhundertelang weitergegebenen Liedern der Bertsolari (Dichtersänger); und gespeist aus der alltäglichen Gegenwart.

Die vorgestellten Baskinnen, bekannte und nicht so bekannte, erzählen davon und von sich, die Fischerin, Dichterin, Weltmeisterin, Bäuerin, Schauspielerin, Widerständlerin, Köchin, Revolutionärin… Und indem sich Gesagtes zum Porträt formt, erschließt sich ein ganzes vielseitiges Land. Klischees bleiben zwischen Baiona (Bayonne), Donapaleu (St. Palais), Trunes (Pamplona), Guernica und Bilba (Bilbao) auf der Strecke. Fragezeichen nicht. Was gut ist. Die literarische Erkundung wird visuell begleitet mit Fotos des Galiciers Mundo Cal – Porträts in schlichtem Schwarzweiß, beeindruckend tiefenscharf.

Pressestimmen

„Das Buch ist eine gelungene Anregung zum ‚Anders reisen‘ und im Übrigen nicht nur für Frauen.“ Neues Deutschland, 30.6.2000